Lehrstuhlvertretung Politische Systeme und Europäische Integration / Akademischer Rat auf Lebenszeit am Lehrstuhl für Politische Systeme und Europäische Integration
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Arbeitsgruppe
DFG-Projekt “Repräsentation und Ungleichheit in der kommunalen Politik“
Nicht zuletzt durch Entscheidungen über Infrastruktur- und Stadtentwicklungsmaßnahmen hat kommunale Politik weitreichende Folgen für das gesellschaftliche Zusammenleben und die Lebensqualität der lokalen Wohnbevölkerung. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wessen Interessen in der kommunalen Politik berücksichtigt werden. Das Projekt nimmt diese Frage zum Anlass, um sich mit Mustern und Determinanten der substantiellen Repräsentation in den deutschen Großstädten zu beschäftigen. Dabei ist der Grundgedanke, dass sich in Städten häufig soziostrukturell homogene Viertel herausbilden, die Repräsentation der Stadtbevölkerung also mit der Repräsentation gesellschaftlicher Schichten zusammenfällt. Entsprechend bedeutsam sind Erkenntnisse darüber, welche Stadtteilinteressen im kommunalpolitischen Geschehen berücksichtigt werden, ob es nennenswerte Ungleichgewichte in den Mustern kommunaler Repräsentation gibt und wie mögliche Ungleichheiten erklärt werden können. Zur Untersuchung der kommunalen Repräsentationsmuster werden Daten aus den Stadträten von 75 Großstädten in den 13 deutschen Flächenbundesländern plus Bremerhaven mittels automatischer und manueller Textanalyse ausgewertet. Dabei berücksichtigt das Projekt drei Ebenen der kommunalpolitischen Repräsentation. Erstens wird eine systemische Perspektive eingenommen, welche die Beratungen der Stadträte anhand der Sitzungsniederschriften in den Blick nimmt. Zweitens wird eine parteipolitische Perspektive durch Auswertung der kommunalen Wahlprogramme und Koalitionsvereinbarungen berücksichtigt. Drittens wird der Blick auf das individuelle Repräsentationsverhalten durch die Auswertung von Anfragen der individuellen Kommunalvertreter gelenkt. Das Projekt verfolgt drei Ziele. Das deskriptive Projektziel ist die systematische Beschreibung der Muster substantieller Repräsentation auf der kommunalen Ebene. Das analytische Projektziel dient der Erklärung von Missverhältnissen in der Repräsentationsleistung kommunaler Politik. Dabei werden die kleinräumige Wahlbeteiligung, das kleinräumige Wahlverhalten, die Merkmale des kommunalen Wahlsystems, sowie der lokale Parteienwettbewerbs berücksichtigt. Das präskriptive Projektziel schließlich zielt darauf ab, die Projekterkenntnisse vor allem mit Blick auf das kommunale Wahlrecht zu synthetisieren und Empfehlungen für die Reform der kommunalpolitischen Institutionen auszusprechen. Im Zentrum steht dabei die Frage, welches kommunale Institutionengefüge und welche Kontextbedingungen besonders egalitäre Repräsentationsmuster zur Folge haben.
Vita
Dr. Martin Gross hat Politik- und Verwaltungswissenschaft (Bachelor of Arts) an der Universität Konstanz sowie Geschichte und Politik des 20. Jahrhunderts (Master of Arts) an der Friedrich-Schiller-Universität Jena studiert. Von 2009 bis 2012 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrbeauftragter an der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena, sowie Stipendiat der Jenaer Graduierten-Akademie (2011-2012). Von September 2012 bis Februar 2016 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Mannheim tätig. 2015 bis 2016 arbeitete er darüber hinaus im DFG-Forschungsprojekt „Where Is My Party? Determinants of Voter Agreement about the Ideological Positions of Political Parties“ am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES). Von März 2016 bis September 2017 war er als Projektmitarbeiter im EU-geförderten Horizont 2020-Projekt „COHESIFY: The Impact of EU Cohesion Policy on European Identification“ am MZES tätig, bevor er im Oktober 2017 eine Stelle als akademischer Rat am Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft der Ludwig-Maximilians-Universität in München antrat. Seine Dissertation mit dem Titel „Koalitionsbildungsprozesse auf kommunaler Ebene: Schwarz-Grün in deutschen Großstädten“ wurde 2016 bei Springer VS veröffentlicht und mit dem Promotionspreis 2016 des Fördervereins des Instituts für Politikwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena e. V. ausgezeichnet. Zusammen mit Dr. Michael Jankowski leitet er das “Local Manifesto Project (LMP)”. Diese App stellt eine neue Quelle zur Analyse lokalen Parteienwettbewerbs dar, indem sie Forschern die Möglichkeit gibt, verschiedene Verfahren der Textskalierung und Topic-Modelle direkt in der App anzuwenden. Weitere Informationen zum “Local Manifesto Project (LMP)” finden sich hier.
Forschungsschwerpunkte: Parteienwettbewerb, Koalitionsbildungen und Politikinhalte in Mehrebenensystemen; Kommunalpolitik; Europäische Kohäsionspolitik; Politische Repräsentation und Responsivität; Textanalyse.
Lehre
Wintersemester 2023/24
Sommersemester 2023
- Vorlesung: Vergleichende Politikwissenschaft
- Übung: Coalition Governments
- Seminar: Die Regionalpolitik der EU
- Seminar: Political Representation in Comparative Perspective
Wintersemester 2022/23
Sommersemester 2022
Wintersemester 2021/22
- Grundkurse: Das politische System nach der Bundestagswahl 2021 (2x)
- BA- und MA-Kolloquium
Sommersemester 2021
Publikationen
- Gross, M. et al. (2023) Navigating complexity: exploring the changing dynamics of coalition avoidance in Germany, 1946–2023. Regional & Federal Studies.
- Gross, M. (2023); Kapitel vom Buch Politik und Regieren im Saarland: “Die Koalitionen, Koalitionsbildungsprozesse und Landesregierungen des Saarlands”
- Velimsky, J. A., Block, S., Gross, M., & Nyhuis, D. (2023). Probing the Effect of Candidate Localness in Low-Information Elections: Evidence from the German Local Level. Political Studies, 0(0).
- Gross, M. et al. (2023) Do voters want their parties to be office- or policy-seekers in coalition negotiations?. West European Politics.
- Gross, M. (2023). Determinants of Government Membership at the Subnational Level: Empirical Evidence from Large Cities in Germany (1999–2016). Government and Opposition, 58(1), 145-161.
- Gross, M., Krauss S. & Katrin Praprotnik (2023). Electoral strategies in multilevel systems: the effect of national politics on regional elections. Regional Studies, 57:5, 844-856
- Wegschaider, K., Gross, M. & Schmid, S. (2022). Studying politics at the local level in Germany: a tale of missing data. Z Vgl Polit Wiss 16, 753–768
- Gross, M. (2022). Does Anyone Care? Cohesion Policy Issues in Sub-national Politics. JCMS: Journal of Common Market Studies, 60: 1538–1555.
- Gross, M., & Chiru, M. (2022). Time is on my side? The temporal proximity between elections and parties’ salience strategies. European Political Science Review, 14(4), 482-497.
- Jaich, M. & Gross, M. (2022). Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung: Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes in niederbayerischen Kommunen. dms – der moderne staat – Zeitschrift für Public Policy, Recht und Management, 15(1-2022), 208-231.
- Baumann, M., Debus, M., & Gross, M. (2021). Strategic issue emphasis in parties’ election campaign statements. Party Politics, 27(3), 515-527
- Braun, D., Gross, M., & Rittberger, B. (2020). Political Behavior in the EU Multi-Level System. Politics and Governance, 8(1), 1-5.
- Gross, M. & Jankowski, M. (2020). Dimensions of political conflict and party positions in multi-level democracies: evidence from the Local Manifesto Project, West European Politics, 43:1, 74-101.
- Calca, P. & Gross, M. (2019) To adapt or to disregard? Parties’ reactions to external shocks, West European Politics, 42:3, 545-572
- Gross, M. (2018). Sowing the Seeds of Love’? Determinants of Local Coalition Formation and Termination between the CDU and the Greens, 1994–2016. German Politics, 27:3, 339-358
- Gross, M. & Debus, M. (2018). Does EU regional policy increase parties’ support for European integration? West European Politics, 41:3, 594-614
- Gross, M., Debus, M. (2018). Gaining new insights by going local: determinants of coalition formation in mixed democratic polities. Public Choice 174, 61–80.
- Gross, M., Niendorf, T. (2017). Determinanten der Bildung nicht-etablierter Koalitionen in den deutschen Bundesländern, 1990–2016. Z Vgl Polit Wiss 11, 365–390.
- Baumann, M., Debus, M., & Gross, M. (2017). Strength of weakness? Innerparteiliche Heterogenität, divergierende Koalitionspräferenzen und die Ergebnisse von Koalitionsverhandlungen in den deutschen Bundesländern. Politische Vierteljahresschrift, 58(2), 179–204.
- Debus, M., & Gross, M. (2016). Coalition formation at the local level: Institutional constraints, party policy conflict, and office-seeking political parties. Party Politics, 22(6), 835-846.
- Gross, M. (2014). Koalitionsbildung in deutschen Großstädten: Empirische Befunde aus Nordrhein-Westfalen. Zeitschrift für Politikwissenschaft : ZPol = Journal of Political Science, 24(1/2), 109–143.
Projekte und Beiträge
- “The Politicisation of Sports” (POLSPO)
- DFG-Projekt: Repräsentation und Ungleichheit in der kommunalen Politik
- Projekt: Bevölkerungsseitige Repräsentationsvorstellungen im deutschen Mehrebenensystem – eine Analyse zu den Landtagswahlen 2023 in Bayern und Hessen
- PD Dr. Martin Gross zu der Bayernwahl 2023
- Interview mit PD Dr. Martin Gross: “Abgrenzung zur AfD – Wie stark ist die Brandmauer?”
- WELT-Interview mit PD Dr. Martin Gross: „Dann muss man den AfD-Antrag ablehnen und selber einen inhaltlich gleichen einbringen“
- Einschätzungen von PD Dr. Martin Gross zum veränderten Ton im bayerischen Landtag